Medizin gegen die Tristesse des Lebens
Wie konnte Veronica zu der Frau werden, die sie ist? Dieser Frage geht die italienische Autorin Veronica Raimo nach. Ihre Erinnerungen führen sie zurück in eine nicht ganz einfache, eigentlich sogar eine sehr eigenartige Familie, die in Rom lebt. Da ist Helikopter-Mama Francesca, die ihre Kinder ständig anruft, egal wo sie gerade sind und wehe sie nehmen den Anruf nicht entgegen, gleich darauf geht eine Vermisstenanzeige raus. Dauernd sieht sie ihren Sohn sterben, deshalb ist den Kindern auch fast alles verboten. Der Vater, der als Chemiker sein Geld verdient, verlangt nach der Nuklearkatastrophe von Tschernobyl, dass sich die Familie von Konserven ernährt, die natürlich vor der Katastrophe eingeschweisst wurden. In seiner Freizeit baut er lauter Trennwände in die eh schon kleine Wohnung. Und der Bruder ist ein aufmerksamkeitsversessenes Genie. Das alles und das Erwachsenwerden machen Veronica das Leben schwer.
"Nichs davon ist wahr" ist eine äusserst witzige Tragikkomödie über die Tücken und Abgründe des Lebens. Veronica Raimo erzählt überspitzt und sprachlich gekonnt über die Zustände in ihrer Familie und ihre Erlebnisse. Der Ton wechselt zwischen komisch und melancholisch, temporeich und rasant. Und immer wieder kann man Obelix zitieren mit: Die spinnen die Römer.
Veronica Raimo: Nichts davon ist wahr Verlag Klett-Cotta
Es ist Zeit, dass du bezahlst...
Vor 192 Tagen hat die Grafikerin und Künstlerin Astrid ihren letzten Drink genommen, seither konnte sie allen Versuchungen widerstehen. Sie will neu anfangen und zieht in das Küstenstädtchen Flinstead zu ihrer Mutter. Dort ist sie weit weg von den Versuchungen der Grossstadt. Sie versucht die quälenden Erinnerungen an ihr früheres Leben und das schreckliche Ereignis, das alles verändert hat, hinter sich zu lassen. Sie will zu sich finden und vor allem von der Alkoholsucht loskommen.
Zu Beginn läuft es gut für sie. Sie besucht regelmässig die Gruppe der Anonymen Alkoholiker und am Strand lernt sie den sympathischen Josh kennen, durch den sie ein Jobangebot bekommt. Doch eines Nachts fühlt sie sich auf dem Heimweg beobachtet, jemand scheint ihr zu folgen. In Panik rennt sie davon. Kurz darauf bekommt sie unheimliche Briefe. Jemand kennt ihr dunklestes Geheimnis und will sie dafür bezahlen lassen.
Die Atmosphäre in "Die Drohung" ist düster und beklemmend, Spannung wird dezent aufgebaut. Erzählt wird aus der Sicht von Astrid, die ständig gegen den Dämon Alkohol kämpfen muss. Einmal mehr gelingt Autorin Lesley Kara ein wunderbares Verwirrspiel, die Geschichte nimmt immer wieder neue, nicht voraussehbare Wendungen und endet in einem überraschenden Finale. Ein schonungslos ehrlicher Thriller über eine Sucht, die jeden treffen kann.
Lesley Kara: Die Drohung dtv Verlag
Die heilende Kraft der Liebe
Juni flüchtet vor ihrem gewalttätigen Partner auf eine kleine norwegische Insel in das Haus ihrer verstorbenen Grossmutter Tekla, die zu Lebzeiten im Garten im Regen tanzte, wenn sie glücklich war. Ihre Enkelin steht vor einer schwierigen Entscheidung. Sie ist schwanger und weiss nicht, ob sie das Kind behalten soll. Als sie im Haus ein Foto von ihrer Grossmutter als junge Frau entdeckt, die neben einem deutschen Soldaten steht, ist ihre Neugier geweckt. Wer ist dieser unbekannte Mann?
Ihre Mutter Lilla kann sie nicht mehr fragen, diese ist nach einem unkonventionellen Leben gestorben. Sie hat ihrer Tochter nie verraten wer ihr Vater ist.
Auf der Suche nach der Wahrheit fährt Juni bis Berlin und in die kleine Stadt Demmin im Osten von Deutschland, welche nach der Kapitulation von der russischen Armee überrannt wurde.
"Als Grossmutter im Regen tanzte" ist keine leichte Kost. Einerseits erleben wir Juni auf der Suche nach ihrer Geschichte, andererseits begleiten wir Tekla durch die Nachkriegswirren bis zu ihrer Rückkehr nach Norwegen. Die Zeit, die Autorin Trude Teige, aufleben lässt, ist geprägt von Gewalt. Nach dem Krieg herrscht grosse Not in Deutschland, viele haben alles verloren, Städte sind zerstört und die Russische Armee geht gewaltätig gegen die Bevölkerung vor. Und doch schimmert immer wieder viel Liebe durch. Menschen, die sich gegenseitig helfen und das Wenige teilen.
Eine drei-Generationen-Geschichte im Schatten des Krieges - spannend, bewegend und doch auch hoffnungsvoll. Und das wunderschöne Bild der im Regen tanzenden Grossmutter, die in der Liebe Heilung findet.
Trude Teige: Als Grossmutter im Regen tanzte Fischer Verlag
Ein Unfall mit weitreichenden Folgen
Endlich Ferien! Zwei gut situierte, österreichische Familien gönnten sich einen exklusiv Urlaub in der Toskana. Elisa Strobl-Marinek, Spitzenpolitikerin der Grünen, ihr besserwisserischer Mann Oskar, die 14jährige Sophie Luise und ihre kleine Schwester Lotte, sowie wie Familie Binder, bestehend aus Mutter Melanie, ihrem Ehemann Engelhart, ein erfolgreicher Winzer, und ihrem Sohn Benjamin. Als Gast dabei ist Aayana, ein Flüchtlingskind aus Somalia und die aktuelle Schulfreundin von Sophie Luise.
Nach einem Nachmittag im hauseigenen Pool beginnt der erste Abend mit Prosecco und Antipasti, es wird gechillt, alle sind in Ferienstimmung, dann kommt es zur Katastrophe.
Was ist ein Menschenleben wert? Diese und viele andere Fragen stellt Daniel Glattauer in seinem neusten Roman, den man nicht aus der Hand legen kann. Spannende Szenen, starke Dialoge und Sprachwitz zeichnen die Geschiche aus - ein Sittenbild unserer privilegierten Gesellschaft und dabei entlarvt er deren Doppelmoral. Er leiht seine Stimme denen, die viel zu selten zu Wort kommen. Ein Roman, der noch länger nachhallt.
Daniel Glattauer: Die spürst du nicht Zsolnay Verlag
Eine etwas andere Welt
Adams Vater fotografiert wie verrückt und bastelt mit den Mitteln der 80er Jahre die Gesichter von Familienangehörigen und Bekannten in bestehende Bilder. Aus Fred Astaire und Ginger Rogers werden zum Beispiel Adam und seine Schwester Ruth. Daneben sammelt er Postkarten zerstörter Synagogen, die er immer und überall gerne präsentiert. Er ist davon besessen, Erinnerungen an Verlorenes zu bewahren. Dass er die ganze Familie dann auch noch regelmässig zum Israelischen Volkstanz schleift, bringt nicht nur die Mutter zur Verzweiflung.
Jährlich fährt die Familie zum israelischen Volkstanz-Festival, wo der Vater nicht nur tanzt, sondern auch als Komiker brilliert - die restlichen Familienmitglieder werden von Jahr zu Jahr genervter.
Adam weiss sich zu retten. Er beginnt Autogramme zu sammeln, schreibt an Stars wie Sinatra oder Mandela. Alles was Rang und Namen hat, versucht er zu ergattern. Es gelingt ihm sogar, die Security von Boris Jelzin zu übertölpeln. Daneben versucht er sich als Pianist, Komponist und schlussendlich wird er zum international tätigen Autogrammhändler, der echte von unechten Unterschriften unterscheiden kann.
Der Autor Adam Andrusier erzählt seine eigene Familiengeschichte, eine Komödie mit Widerhaken. Mit viel Humor schildert er die zum Teil schrägen Begegnungen mit Leuten aus Kunst, Kultur, Musik, Politik, Literatur und Film, von denen er sich ein Autogramm erhofft und er bietet tiefe Einblicke in die Welt des Britischen und internationalen Unterschriftenhandels - eine Welt für sich. Bitterkomisch, warmherzig und mit wunderbar trockenem Humor erzählt - ein tolles Buch!
Adam Andrusier: Tausche zwei Hitler gegen eine Marilyn Unionsverlag
So schön ist es im Emmental

Auf Entdeckungstour
Im Emmental wird es einem nicht langweilig. Das beweisen Bruno Lehmann und Sabine Käch, die beide in Burgdorf leben, in ihrem Buch "111 Orte im Emmental, die man gesehen haben muss". Eine bunte Mischung aus Landschaft, Architektur, geschichtsträchtigen Orten und lohnenden Ausflugszielen findet man auf den 230 Seiten.
Es gibt vieles zu entdecken. Manches mag man kennen, findet aber zusätzliche Hintergrundinfos oder lernt Neues kennen.
Bekannt dürfte das Bild an der Hohengasse 4 mit der Hühnersuppe sein. Doch was steckt dahinter? Oder wussten Sie, dass es in Kernenried eine Wasserburg gab, die den Herren von Kerren gehörte? Allerdings nicht lange, sie verärgerten die Stadt Berner und wurden während 10 Tagen belagert, so dass am Schluss die ganze Burg zerstört war. In der angrenzenden Parzelle steht heute noch die schöne alte Mühle, die vielleicht zu den Herren von Kerren gehört haben könnte.
Es liest sich äusserst unterhaltsam, was Bruno Lehmann zu den jeweiligen Orten zu erzählen hat. Zudem sind den Texten wunderschöne Bilder von der Fotografin Sabine Käch beigefügt.
Lassen Sie sich ein auf eine abwechslungsreiche Tour zu 111 Orten im Emmental.
Bruno Lehmann/ Sabine Käch: 111 Orte im Emmental, die man gesehen haben muss Emons Verlag